Widerstände des Verkäufers in Verhandlungssituationen sind völlig natürlich. Lernen Sie, diese Widerstände als etwas Positives zu akzeptieren. In der Kunst der Verhandlungsführung werden 3 Gesprächs-Hürden unterschieden:
- Der Einwand
- Der Vorwand
- Die Ausrede
Der Einwand
Beispiel: „Den Liefertermin 28.02. kann ich nicht einhalten – unser Lieferant beliefert uns selbst erst am 15. Februar.“ Wir nehmen an, dass der Verkäufer diese Aussage im Rahmen einer Vergabeverhandlung getroffen hat. Die Antwort des Verkäufers ist also die Reaktion auf den Wunschtermin 28.02. des Einkäufers. Ohne diesen inhaltlichen Zusammenhang könnte die obige Aussage durchaus auch eine Ausrede sein. Einwände sind ernst zu nehmende Gegenargumente, die ruhig, sachlich und überzeugend präsentiert werden. Handelt es sich um einen echten Einwand, kann ihn der Verkäufer ...
… jederzeit beweisen. Angenommen, Sie halten die obige Aussage des Verkäufers für eine Ausrede und sagen dies Ihrem Verkäufer. Sie belasten damit nicht nur das Gesprächsklima, sondern erhalten vielleicht auch die Antwort: „Soll ich Ihnen die Telefonnummer meines Lieferanten geben, damit Sie sich selbst überzeugen können?“ Echte Einwände müssen Sie also ernst nehmen und Sie müssen sofort professionell darauf reagieren. Sie müssen versuchen, dieses Verhandlungs-Hindernis zu beseitigen. In der konkreten Verhandlungssituation müssen Sie sich im Rahmen ihres „inneren Dialogs“ sofort die Frage stellen: „Wie kann diese Hürde beseitigt werden?“ Dem Verkäufer gegenüber reagieren Sie wie folgt: „Welche Lösungsmöglichkeiten gibt es, damit Sie doch am 28.02. liefern können?“ Nach dieser Frage müssen Sie unbedingt eine Pause machen. Jetzt ist Ihr Lieferant dran. Wenn der Verkäufer jetzt antwortet: „Es gibt keine Alternative“, dann fragen Sie Ihn: „Welche Möglichkeiten haben Sie geprüft und woran sind diese gescheitert?“ Er kann sich nun nicht mit einem einfachen „da kann man nichts machen“ aus der Affäre ziehen. Gibt es tatsächlich nachvollziehbare Gründe für keine Ausweichlösung, dann kann er Ihnen diese dafür auch überzeugend darlegen. In diesem Fall bleibt Ihnen nichts Anderes üblich, als einen anderen Liefertermin zu vereinbaren.
Der Vorwand
Gleiche Situation wie oben – Vergabeverhandlung – Vereinbarung des Liefertermins. Der Verkäufer antwortet auf die Präsentation des Wunschtermins 28.02.: „So schnell kann Ihnen das keiner liefern.“ Schon allein die sprachliche Formulierung unterscheidet sich stark von dem obigen Einwand-Beispiel. Aber auch hier kann es sich immer noch um einen Einwand handeln. Durch geschicktes Fragen finden Sie heraus, ob es ein Einwand oder ein Vor-Wand ist. Ein Vorwand ist eine Wand, hinter der sich der Verkäufer versteckt. Er weicht aus, er flieht. Versuchen Sie, einen Vorwand niemals zu entkräften. Tun Sie es, steht der Verkäufer „nackt“ dar. Er hat dann sein Gesicht verloren. Vorwände werden auch benutzt, wenn es einen klaren Grund für die Aussage des Verkäufers gibt, er uns diesen Grund aber nicht – aus welchen Gründen auch immer – nicht verraten möchte. Verwenden Sie auch hier die Fragetechnik. Beispiel: „Gesetzt den Fall, wir finden eine Lösung, wann könnten Sie dann liefern?“
Beachten Sie: Fragen Sie als Reaktion auf eine nach Vorwand klingende Aussage nie nach dem Grund dafür. Genau das erwartet nämlich der Verkäufer jetzt von Ihnen. Tun Sie es nicht, wird dieses Verhalten Ihren Verkäufer überraschen und irritieren. Fragen Sie also immer nach Lösungsmöglichkeiten. Die Wirkung mit der Gesetzt-den-Fall-Frage: Häufig schiebt der Verkäufer jetzt die von ihm aufgebaute Wand selbst zur Seite. Beispiel: „Na ja, wir haben da ein Problem mit unseren Fertigungskapazitäten.“ Damit ist die Katze aus dem Sack und beide können konstruktiv nach Lösungsalternativen suchen.
Die Ausrede
Ein Vorwand kann auch schlicht und ergreifend nur eine Ausrede sein. Das erkennen Sie schnell, weil der Verkäufer Ihnen durch seine Aussagen und durch sein Verhalten unmissverständlich klarmacht, dass er an einer Lösung des Problems nicht interessiert ist. Auch Ausreden müssen Sie als Tatsache akzeptieren. Es hat keinen Sinn, den Verkäufer weiter zu „bearbeiten“. Sie erreichen genau das Gegenteil – er lässt sich immer neue Ausreden einfallen und verstärkt seine Abwehrhaltung. Ein Verkäufer, der Ihnen nicht helfen will – will Ihnen eben nicht helfen. Lernen Sie, dies zu akzeptieren und zwar ohne Wenn und Aber. Dass solche Firmen zukünftig nicht mehr zu Ihren Lieblings-Lieferanten gehören, ist klar. Das macht aber gar nichts, schließlich gibt es ja noch andere Lieferanten.
Das richtige Verhalten bei Monopolisten
Wenn Sie es mit einem Lieferanten zu tun haben, auf den Sie in irgendeiner Weise angewiesen sind und sei es auch nur für die Zeit, bis Sie einen anderen gefunden haben, müssen Sie die Verhandlung noch etwas weiterführen. Sie verlassen das Verhandlungsthema und fragen den Verkäufer offensiv nach dem Grund für sein Verhalten. Beispiel: „Wieso habe ich den Eindruck, Herr Verkäufer, dass Sie mir den tatsächlichen Grund verschweigen?“ oder „Wie soll ich diese Aussage von Ihnen werten?“
Beachten Sie: Sie können die Verkäufer-Persönlichkeit nicht verändern – aber sein Verhalten in der Verhandlungssituation Ihnen gegenüber.
Autor: Jens Holtmann, Einkäufer-Verlag